Wir brauchen einen Plan B. Wir haben einen Plan B!

Seit Mittwoch ist es offiziell. Die Impfung ist gegen Omicron 40x weniger wirksam. Nach zwei Dosen praktisch wirkungslos, kurz nach der dritten vielleicht noch mit einem Rest Schutz. Wir müssen uns ernsthaft auf zwei Dinge einstellen

  1. Die Impfung wird die Ausbreitung nicht stoppen können
  2. Die Impfung wird eine Überlastung der Intensivstationen nicht verhindern können

1. ist quasi sicher, ein Blick ins durchgeimpfte Dänemark genügt. 2. ist nicht restlos klar. Omicron könnte harmloser sein, und die T-Zellen könnten einen besseren Rest-Impfschutz bieten als es die Antikörper nahelegen. Realistisch ist es aber allemal. Es genügt, dass der Schutz in den vulnerablen Gruppen auf 90% fällt, um uns in einen mehrmonatigen Lockdown zu zwingen.

Die Reaktion von Politik und Wissenschaft war erwartbar: wenn sie weniger wirkt, muss man eben noch mehr impfen. Nein. Wer an der falschen Stelle in die Wand bohrt, tut nicht gut daran, einen größeren Bohrer zu nehmen. Diese Strategie ist sogar brandgefährlich. Wenn die Politik jetzt eine erwiesenermaßen unwirksame Impfung durchdrückt, wird es grenzenlosen Frust geben, wenn man direkt danach den härtesten Lockdown aller Zeiten ausrufen muss. Dabei wird das letzte Vertrauen verspielt, das wir im Frühjahr dringend brauchen werden, wenn endlich mit einer angepassten Impfung die Möglichkeit besteht, die Pandemie wirklich zu beenden.

Wir sollten jetzt die Größe haben, einzugestehen, dass die Impfung vorerst gescheitert ist. Sie war eine gute Idee, und kann es in ein paar Monaten wieder sein, seit Mittwoch liefert sie aber nicht mehr. Wir brauchen einen Plan B.

Der könnte schon in unseren Supermärkten liegen. Schnelltests waren zur Eindämmung schon immer mindestens gleichauf mit der Impfung. Seit Mittwoch sind sie sogar besser. Viel besser. Und vielleicht der einzige verbliebene Weg. Zugute kommen ihnen einige Stärken, die gerade jetzt entscheidend sind

  • Sie bieten spätestens ab jetzt viel besseren Fremdschutz als jede Impfung.
  • Ihre Wirkung verfällt nicht mit der Zeit.
  • Sie funktionieren ohne Anpassung gegen neue Mutationen, weil sie meistens auf das evolutionär stabilere N(ucleocapsid)-Protein zielen, nicht wie die Impfung auf das schnell mutierende S(pike)-Protein.
  • Die anekdotisch berichtete hohe Viruslast macht Omicron auch noch zu einer besonders leichten Beute für Tests. Zumindest ist das denkbar.

Einen Vorgeschmack ihrer Wirkung haben wir vielleicht schon letzte Woche erlebt. Eine Woche nach der Einführung von 3G am Arbeitsplatz ist die vierte Welle gebrochen. Das kann auch andere Ursachen haben, ein gutes Zeichen ist es aber schon.

Was bleibt zu tun? Wenn ich mit dem Weihnachtsmann sprechen dürfte, würde ich mir folgendes wünschen.

Entbürokratisierung durch digital zertifizierte Selbsttests. Das würde es ermöglichen, 3G und 2G+ viel flächendeckender anzuwenden als bisher. Sogar soweit, dass mehrere Tests pro Tag verlangt werden können, oder ein stundenaktueller Test direkt vor einer Veranstaltung.

Eine Qualitätsoffensive. Die Tests unterscheiden sich gravierend in ihrer Empfindlichkeit, und reichen von “praktisch wirkungslos” zu “fast so gut wie PCR”. Leider weiß aber fast niemand darüber Bescheid. Die Wirksamkeit gegen Omikron sollte so schnell wie möglich analysiert werden, am besten regelmäßig. Nicht, weil man dabei Überraschungen erwartet, sondern um Evolutionsdruck auf die Hersteller auszuüben. Die Stiftung Warentest sollte Schulnoten vergeben und publik machen. Die empfindlichsten Tests sollten gezielt im Gesundheitsbereich eingesetzt werden. Für alle anderen sollten wir schnell herausfinden, warum sie schlechter sind. Es ist gut möglich, dass das gar nicht an den eingesetzten Antikörpern liegt und mit einfachen Tricks verbessert werden kann. Wenn nicht, wäre ein Open-Source-Antikörper eine lohnende Investition. Unsere staatlichen Forschungsinstitutionen sollten hier mit anpacken. Ich wäre dabei!