Dieser Post ist keine Antwort, sondern eine ernst gemeinte Frage. Wenn mir jemand eine gute Antwort darauf geben kann, werde ich sie gerne hier veröffentlichen.
Ich habe den Sicherheitsbericht des Paul-Ehrlich-Instituts zu unseren COVID-Impfstoffen gründlich durchgelesen, und alle Zahlen aus allen Auswertungen in der folgenden Grafik zusammengezählt (Ausnahmen: Diagramme mit Mehrfachmeldungen, Diagramme nur zu Jugendlichen, und eine Analyse, die mir sehr fragwürdig scheint). Links sind alle gemeldeten Verdachtsfälle zu Nebenwirkungen, rechts sind alle Auswertungen zu Verdachtsdiagnosen.
Es gibt hierzu zwei wichtige Vorbemerkungen:
- ist die Impfung tatsächlich sicher, was man leider aus der Grafik nicht ablesen kann. Setzt man die Zahlen aber in Bezug zu den verimpften Dosen, kann man z.B. klar sagen, dass das Risiko für schwere Nebenwirkungen höchstens in der Größenordnung 1:1000 liegt. Der Nutzen überwiegt die Risiken deutlich, und jeder, der nicht wirklich sehr sehr gute Gründe hat, sollte sich unbedingt impfen lassen. Alles Folgende ist Jammern auf sehr hohem Niveau.
- sind alles Verdachtsfälle, und Korrelation ist nicht Kausalität. Nicht alle Balken sind tatsächlich Nebenwirkungen. Für alles rechts von Sinusvenenthrombose wird im Bericht sogar statistisch plausibel dargelegt, dass die Erkrankungen wohl eher Zufall als Nebenwirkung waren. Genau diese Analyse ist der Job des Instituts.
Trotzdem ist ein Elefant im Raum: der rote Balken. Alle im Bericht diskutierten Analysen decken zusammen nur etwa 5% der Verdachtsmeldungen ab.
Was ist mit dem Rest?
Ich habe mittlerweile dazu tatsächlich mit dem Institut ge-emailt, und sinngemäß die Antwort bekommen “die meisten Meldungen sind nur ganz leichte Beschwerden, die sowieso schon im Beipackzettel stehen”. Das mag sogar stimmen, doch gilt es ganz sicher nicht für die 27.000 schweren Verdachtsfälle. Selbst von diesen deckt die Analyse nur 30% ab. Wissenschaftlich befriedigend ist das nicht, und auch Vertrauen schafft es nicht, genauso wie einige andere Peinlichkeiten des letzten Jahres:
- Die Myokarditis wurde nur durch ein Leak öffentlich
- Der Fall Maddie DeGaray. In der Zulassungsstudie für Jugendliche erkrankte ein Mädchen an oder mit der 2. Impfung schwer und war fortan auf Rollstuhl und Nasensonde angewiesen. Im Bericht an die FDA wurde der Fall als “funktionale Bauchschmerzen, die noch andauern” heruntergespielt.
Braucht es noch eine genaue Analyse, kann man sich mit Recht fragen, wenn doch schon aus der Gesamtzahl sonnenklar ist, dass die Impfung sicher ist und ihr Nutzen überwiegt?
Ich denke schon, unbedingt sogar, aus mehreren Gründen.
Zum einen ist eine Impfpflicht ethisch eine ganz andere Liga als eine Zulassung oder STIKO-Empfehlung. Für letztere muss man nicht jedes Detail klären, weil die letzte Entscheidung bei kundigen Ärzt:innen und Patient:innen liegt. Bei einer Pflicht ist es aber unethisch, Menschen in die Impfung zu zwingen, wenn absehbar ist, dass sie schiefgeht. Genau solche Kontraindikationen könnten sich aber in den 185.000 fehlenden Akten verstecken. Mindestens eine gibt es: für ME/CFS sieht es stark danach aus, als sei das Impfrisiko signifikant höher.
Zum anderen ist die fehlende Transparenz ein Hauptgrund für die Impfmüdigkeit. Würden wir ein Auto kaufen, dem der ADAC fünf Sicherheits-Sterne gibt, aber aus mysteriösen Gründen den Crashtest verweigert? Schlimmer noch: Impfkritiker schlachten mittlerweile die Zahlen aus, nach denen es 2.000 “Impftote” gibt, obwohl das nur Verdachtsfälle sind und der größte Teil wahrscheinlich mit der Impfung nichts zu tun hat. Würde man statistisch sauber zeigen, dass die Todesfälle Zufall sind, wäre ihnen ein wichtiges Argument genommen. Auch könnte es Leute mit Vorerkrankungen geben, die zögern und auf eine Analyse warten, ob ihr Impfrisiko erhöht ist. Wer will ihnen das verübeln? Man hat eben noch nicht alles versucht, Skeptiker zu überzeugen. Eine gut nachvollziehbare Sicherheitsanalyse wäre eigentlich das naheliegendste Mittel.
Weiter ist eine schleppende Auswertung ein Schlag ins Gesicht aller Betroffenen. Es ist schwer zu beschreiben, wieviel Wut es erzeugt, wenn das eigene Leben von einer möglichen Impfnebenwirkung zerstört wird, die Auswertung aber erkennbar nicht auf voller Drehzahl läuft.
Zuletzt und vor allem sorge ich mich um die Wissenschaft. Warum akzeptieren wir gerade bei diesem wichtigen Dokument soviel niedrigere Standards als sonst? Es ist nicht peer-reviewed, die Analyse ist zumindest mir nicht nachvollziehbar. Das liegt nicht am Thema, denn die Zulassungsstudien sind statistisch und inhaltlich glasklar. Was wird passieren, wenn bislang unentdeckte Nebenwirkungen irgendwann öffentlich werden? Dass es eine winzige Zahl von Fällen ist, wird in dem Ärger untergehen, dass sie nicht früher auffielen. Wenn ein größeres Medium seine Meinung ändert und das skandalisiert, werden wir alle den Schaden haben. Auch wenn die wichtige Botschaft der Sicherheit bei mehr Nebenwirkungen schwieriger zu kommunizieren wäre, wäre es den Aufwand sicher wert.
Es bleibt zu hoffen, dass ich hier wirklich etwas übersehe. Schreibt mir, wenn ihr eine Idee habt. Zeigt Leuten, die euch von der Impfung überzeugen wollen, die Grafik und fragt sie nach einer Antwort. Wer sie findet, hat den Schlüssel zur Impfquote in der Hand!